Charlotte Paulsen

„Sie klopfte an unzählige Thüren, um zu bitten […]. Sie warb unter den Frauen Hamburgs neue Mitglieder oder Gönner des Vereins; sie ging an die Comptoire der Kaufherren, um Beiträge für milde Zwecke zu sammeln. Obwohl viele Hamburger Bürger ihr Geld gaben, so ganz geheuer war sie ihnen nicht mit ihren demokratischen Ideen aus der 48er Revolution. Sie war den Hamburgern der guten Gesellschaft unbequem. […] Die Meisten fanden die Art der Frau Paulsen unweiblich; Andere fürchteten deren Einfluß auf ihre eigenen Frauen, welche sie um keinen Preis in so mancherlei freisinnige Bestrebungen gezogen wissen wollten.“

Charlotte Paulsengeb. Thornton (1797 – 1862)

Charlotte Paulsen

Mildtätigkeit und Fürsorglichkeit gegenüber Bedürftigen, ein freisinniges politisches Denken sowie Unerschrockenheit und Unangepasstheit im Umgang mit den gesellschaftlichen Anforderungen ihrer Zeit werden unserer Namengeberin Charlotte Paulsen 1863, ein Jahr nach ihrem Tod, als herausstechende Eigenschaften seitens der Hamburger Presse attestiert.

Charlotte wurde am 4. November 1797 als Tochter der gutbegüterten Bankiersfamilie Thornton in Hamburg geboren. Gut ausgebildet und finanziell abgesichert auch infolge der Ehe mit dem Makler Andreas Paulsen machte sie es sich zur Aufgabe, ihr Leben in den Dienst der Armenfürsorge zu stellen. Aufgrund ihrer liberalen und demokratischen Überzeugungen wollte Charlotte Paulsen die bestehenden Schranken weder für ihr Geschlecht noch für jene, die am Rande der gesellschaftlichen Existenz lebten, hinnehmen, auch wenn die gesellschaftliche Realität der meisten Frauen im 19. Jahrhundert noch ausschließlich auf Küche, Kirche und die Erziehung der eigenen Kinder beschränkt blieb.

Gemeinsam mit Emilie Wüstenfeld gründete sie deshalb 1849 den „Frauen-Verein zur Unterstützung der Armenpflege“ und leistete damit einen wichtigen Beitrag zur Abmilderung der sozialen Frage, sah sich aber wegen ihrer fortschrittlichen Haltung gleichzeitig der polizeilichen und gesellschaftlichen Beobachtung ausgesetzt. Hauptanliegen des Vereins waren die Unterbringung und Bildung jener Kinder, deren Mütter ihren häufig niedrigen Lohn als Ammen in den bürgerlichen Familien oder in der Industrie verdienten. Neu war zudem der Anspruch, Kinder unabhängig von ihrer Konfession aufzunehmen, sodass – in den damaligen Verhältnissen ein Novum – katholische, evangelische und jüdische Kinder gemeinsam erzogen werden sollten. Trotz der einschränkenden politischen Verordnungen und der naserümpfenden „guten Gesellschaft“ gelang ihr 1856 gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen Emilie Wüstefeld, Bertha Traun, Amalie Westendarp und Johanna Goldschmidt die Neugründung der 1851 behördlicherseits bereits einmal geschlossenen Bewahranstalt. Ihre Weiterentwicklung zu einer gemeinsamen Erziehungsanstalt für Kleinkinder und Schüler erlebte Charlotte Paulsen jedoch nicht mehr, die 1862 verarmt starb. Ihr zu Ehren erhielt die 1866 gegründete Schule den Namen „Paulsen-Stift“.

Bildung ist für uns, wie für Charlotte Paulsen, der Weg in ein selbstbestimmtes Leben, das frei von Bevormundung nach den eigenen Vorstellungen im sozialen Miteinander gestaltet werden sollte. In Anlehnung an unsere Namensgeberin verstehen wir am CPG Schule deshalb als einen Ort gesellschaftlicher Teilhabe für alle – unabhängig von Geschlecht, sozialer Herkunft, kultureller und religiöser Prägung. Wir sind das Gymnasium mit Herz und Niveau.